Sitzung vom 4. März 2006 – Zusammenfassung

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Die 29. Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses NRW gliederte sich am 04. März 2016 wie so oft in einen öffentlichen und einen nichtöffentlichen Teil. Als Zeuge geladen war im ersten, öffentlichen Teil des Sitzungstages:

  • Robin David Schmiemann, Neonazi aus Dortmund

Zeuge in nicht-öffentlicher Sitzung war:

  • Sebastian Seemann, Neonazi aus Dortmund/Lünen, 2007 enttarnter V-Mann des NRW-Verfassungsschutzes

Beide Zeugen teilen eine lange gemeinsame Geschichte in der Neonazi-Szene – insbesondere in Dortmund – im Kreis um die Rechtsrock-Band „Oidoxie“ und die Gruppe „Oidoxie Streetfighting Crew“. Für beide Strukturen gilt, so wurde bereits durch einen Sachverständigen im PUA ausgefürhrt, dass sie mit ihrem Bezug zur verbotenen „Blood&Honour“-Organisation und deren militantem Arm „Combat 18“ eine inhaltliche Nähe zu Konzepten rechtsterroristischer Zellen des „führerlosen Widerstands“ aufweisen, wie er unter anderem in den „Turner Diaries“ verbreitet wurden.

Neben diesen gemeinsamen Bezugspunkten trennt die beiden Zeugen jedoch ein gravierender Bruch: Im Rahmen eines Strafprozesses, in dem Schmiemann wegen einesRaubüberfalls und versuchten Totschlags zu 8 Jahren Haft verurteilt wurde, sagte dieser aus, dass es Sebastian Seemann gewesen wäre, der ihm die Waffe in die Hand gedrückt und ihn zu dem Überfall auf einen Spupermarkt im Februar 2007 gezwungen habe. Mit dem Überfall sollten die Verluste eines misslungenen Drogendeals ausgeglichen werden. Im Verlauf des Prozesses gegen Schmiemann wurde Seemann als V-Person enttarnt. Die Verteidigung Schmiemanns fand in den Prozessakten Abhörprotokolle, die Gespräche von Seemann mit dessen mutmaßlichem V-Mann-Führer enthielten. So wurde die Spitzel-Tätigkeit Seemanns aufgedeckt. Seemann und Schmiemann wurden wegen des Handels mit Kokain verurteilt.

Der PUA hatte für diesen Tag also nicht nur zwei Personen aus der extrem rechten Szene in Dortmund geladen. Vielmehr konnten alle Ausschuss-Mitglieder davon ausgehen, dass der Sitzungstag zugleich auch wegen des ‚Verrats‘ unter ‚Kameraden‘ schwer irritierten Verhältnisses der Zeugen zueinander enorm herausfordernd sein würde. Zudem ist Schmiemann, der erst seit kurzem aus der Haft entlassen wurde, noch immer fest in der Neonazi-Szene verankert. Von ihm war deshalb nicht zu erwarten, dass er sich besonders kooperativ und aussagewillig verhalten würde.

„NSU-Watch NRW“ will mit der folgender Zusammenfassung der Aussage Robin Schmiemanns über die Vernehmung und ihren Ablauf zu informieren. Wir werden hierbei bewusst auf längere Zitate des Zeugen verzichten. Es ist unser Anliegen, den PUA dokumentarisch zu begleiten. Eine Bühne für neonazistische Haltungen und Selbstbeweihräucherung unter ‚Kameraden‘ wird es von unserer Seite jedoch niemals geben.

Vernehmung Robin Schmiemann

Schmiemann erscheint in Begleitung seines Rechtsanwaltes Hendrik Schnelle aus Detmold, der wiederholt Neonazis in der Strafverteidigung vertreten hat. Der Zeuge selbst positioniert sich schon allein durch seine Kleidung bereits deutlich: Er trägt eine Jacke mit der Aufschrift „Ansgar Aryan“, einer extrem rechten Modemarke.

Im Publikum sitzt der Anwalt Beate Zschäpes, Wolfgang Heer. Er wohnt der Aussage Schmiemanns beinahe vollständig bei. Er kam verspätet, konnte dann aber mit Blickkontakt zu dem Zeugen auf den sonst freien, seitlichen Zuschauer_innen-Sitzen Platz nehmen.
Zuschauer_innen sind an diesem Freitagmorgen ohnehin vergleichsweise zahlreich erschienen. Noch dicht gedrängter sitzen allerdings die Vertreter_innen der Presse im Saal. So viele Journalistinnen und Journalisten, wie sie heute anwesend sind, hat vermutlich keine andere Zeug_innen-Ladung bisher zusammengebracht. Das Interesse an dem Zeugen aus der rechten Szene ist groß. Hier müssten sich die Medienvertreter_innen beizeiten fragen lassen, und dies nach der Ausschussitzung des heutigen Tages um so mehr, ob sie dem Nazi-Schauder an diesem Vormittag nicht mächtig auf den Leim gegangen sind.

Um 10 Uhr eröffnet der Vorsitzende Sven Wolf (SPD) die Sitzung. Wolf stellt zunächst dar, dass Schmiemann am 03.03.2016 vor dem Verfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde eingereicht hat, um die Kostenübernahme für seinen anwaltlichen Zeugenbeistand zu erreichen. Die Klage wurde vom Verfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.

Wolf bittet den Zeugen, sich vorzustellen.

Schmiemann weicht zunächst aus: „Was soll ich dazu sagen“, und stellt sich dann als Industriemechaniker, 31jährig, evangelisch vor. „Und ich komme nicht von hier“ – diese vollständig unnötige, abschließende Bemerkung zur Selbstvorstellung lässt in ihrer gespielten Larmoyanz den weiteren Verlauf der Vernehmung erahnen.

Der Ausschussvorsitzende hat zuerst das Fragerecht. Er, Schmiemann, sei ein aktiver Teil der Dortmunder Szene gewesen, so Wolf. Wie er denn dort hineingekommen sei, will der Vorsitzende wissen.

Dazu wolle er nicht aussagen, da es sich hier um seine persönliche Meinung handele. Von Wolf wird er darauf hingewiesen, dass er als Zeuge zur Aussage verpflichtet ist.

„Keine Ahnung“ antwortet Schmiemann patzig und unverschämt wie im gesamten weiteren Verlauf der Sitzung. Er sei dort hinein gerutscht, wie andere Leute halt zum Kegeln gingen. Zwischen 14-16 Jahren sei er damals alt gewesen. Da es kein Eintrittsdatum gäbe, könne er das nicht genau sagen.

Ob er zu Konzerten oder etwa auch zu Demonstrationen gegangen sei, fragt Wolf.

Er habe einfach Leute kennengelernt, das sei ganz normal verlaufen, so wie andere Leute Freunde kennenlernen, da gäbe es keinen Unterschied, so Schmiemann. Wie man sich in diesen Freundschaften verstanden, ob man diskutiert und sich ausgetauscht habe, fragte der Vorsitzende nach. An Diskussionen sei er nicht weiter beteiligt gewesen, da er die meiste Zeit in Haft verbracht hätte und davor mit Lehre und Bundeswehr beschäftigt gewesen sei. Rechtsrock-Konzerte hätte er sicher besucht, aber wo, wie häufig und von welchen Bands – da hätte er keine Ahnung mehr, da er nicht Buch darüber führen würde. An bestimmte Konzerte könne er sich nicht mehr erinnern, ein besonderes Konzert wolle ihm nicht in den Sinn kommen.

Ob es kein besonders markantes Konzert gegeben habe, fragt Wolf, an das er sich jetzt „so spontan“ erinnern könne?
Er solle direkt fragen, wenn er etwas Bestimmtes wissen wolle, herrscht Schmiemann den Vorsitzenden an. Wolf insistiert auf seiner Frage. Schmiemann wiederum antwortet: Er sei kein Konzertroutenplaner und könne sich nicht erinnern. In der Szene sei er mitgelaufen, bei Demonstrationen „zum Bleistift“. Er sei aber mit Lehre und Bundeswehr beschäftigt und dann neun Jahre inhaftiert gewesen.
Wolf fragt nach der bundesweiten und internationalen Vernetzung der Dortmunder Szene. Es könne sein, dass es die gegeben habe, so Schmiemann, darüber wisse er aber nichts und sei dafür der falsche Ansprechpartner. Man habe sich bei Demonstrationen nicht darüber unterhalten, wer woher komme. Diese seien kein Treffpunkt gewesen, um zwischenmenschliche Gespräche zu führen. Es sei um Inhalte gegangen. Auch nach Demonstrationen und Aufmärschen habe man, so der Zeuge auf Nachfrage, keine Zeit gehabt, da man meistens von Linken attackiert und mit Steinen beschmissen worden sei. Für die Frage, ob es vor Demonstrationen Absprachen gegeben hätte, sei er der falsche Ansprechpartner, er sei nur mitgelaufen.

Den Ausschuss interessiert die Vernetzung der Rechts-Rock-Szene. Wolf fragt nach Konzertbesuchen, im benachbarten Benelux, sowie, ganz konkret: in Kassel. Außerhalb von Dortmund sei er auf Konzerten in Belgien und in den Niederlanden gewesen, lässt der Zeuge sich die Informationen aus der Nase ziehen. Hessen? Könne sein, aber daran erinnere er sich nicht. So etwas geriete in Vergessenheit. Es seien auch sehr viele Konzerte gewesen, da könne man sich nicht an jedes einzelne erinnern.

Ob er denn auch mal in Ostdeutschland gewesen sei? Durchgefahren sei er – auf dem Weg zu Konzerten in Polen. Erinnern könne er sich nicht, auch nicht an Konzerte etwa in Thüringen. In Belgien sei er sowohl auf Konzerten wie auf Demonstrationen gewesen. Das sei aber alles 15 Jahre her, er sei ein junger Mensch gewesen und mit der Erinnerung sei es so eine Sache. Er könne sich an seine Einschulung erinnern, aber manchmal nicht daran, was er letzte Woche gegessen hätte. An Konzerte in Holland könne er sich ebenfalls nicht erinnern. Alleine sei er nicht gefahren, da er selbst keinen Führerschein besäße. Wer ihn gefahren hätte, wisse er nicht mehr, das sei zu lange her und in der Zwischenzeit sei zu viel passiert.

Der Vorsitzende Wolf unterbricht die Sitzung und bittet den Zeugenbeistand zu sich. Der Ausschuss-Vorsitzende und der Rechtsanwalt des Zeugen sprechen mehrere Minuten miteinander. Nach der Unterbrechung bittet Wolf Schmiemann, sich detaillierter zu erinnern.

Er sei auf mindestens 40 Konzerten gewesen, so Schmiemann, auf denen bis zu 500 Leuten waren. Er wisse da nichts Genaues mehr. Schmiemann wiederholt, dass er auf Konzerten in Belgien und den Niederlanden gewesen sei, etwa 2 bis 3 mal im Jahr. Das sei in etwa die gleiche Häufigkeit wie in Dortmund gewesen. In Belgien sei er nur auf zwei Konzerten gewesen. Man habe über Flugblätter oder Mundpropaganda Kenntnis über die Konzerte erhalten und sich dann mit Kollegen verabredet. Zu allgemeinen Kosten wie Eintrittsgelder oder Spritkosten könne er nichts mehr sagen, die seien unterschiedlich gewesen, auch an Bands könne er sich nicht mehr erinnern. In Polen seien das eben zumeist polnische Bands gewesen, deren Namen er nicht mehr wüsste. Oidoxie hätte er aber live gesehen, das weiß der Zeuge und kommentiert: „Eine gute Bühnenshow vergisst man nicht.“

Ob er noch Kontakte habe zu den damaligen Kollegen, mit denen er regelmäßig unterwegs gewesen sein? Mit wem er häufig zu Konzerten gefahren sei?

Einer von denen „war Ihr Mitarbeiter“, verweist der Zeuge auf Sebastian Seemann. Zu dem habe er Gott sei Dank keinen Kontakt mehr. Wolf löst diese Ebene auf: „mein“ Mitarbeiter sei der Genannte durchaus nicht. „Der arbeitet für den Staat“, antwortet Schmiemann, stehe in „Staatsdiensten“. Vor der Inhaftierung habe er ein sehr gutes und enges Verhältnis zu Seemann gehabt, sie hätten zusammen gewohnt, man hätte zusammen gegrillt, er selbst und Seemann seien bei den Eltern des jeweils anderen ein und aus gegangen. Er würde ihn als „sehr guten Freund bezeichnen, damals.“ Ansonsten könne er zu weiteren Personen nichts sagen.

Wie denn die Szene so zusammengestzt gewesen sei, ob das immer die selben Leute gewesen seien, die da etwa zu Demonstrationen gekommen wären, will Wolf wissen.

Auf Demonstrationen seien manchmal 20, manchmal 1000 Leute gewesen. Das wäre aber keine Partei mit Mitgliedsbüchern. Demo-Termine hätten sich rumgesprochen, er sei aber kein regelmäßiger Demo-Gänger gewesen. Dafür sei er der falsche Ansprechpartner, wovon Schmiemann wohl grundsätzlich überzeugt ist.

Ob er zu Demos gegangen sei um Leute zu treffen, oder ob ihn auch die Ideologie interessiert hätte, will Wolf von dem Zeugen wissen. 17 oder 18 sei er gewesen. Und er habe nicht dahinter geblickt, was die Organisierung solcher Demonstrationen anginge, und er habe auch nicht dahinter blicken wollen. Verstanden habe er es auch nicht. Jede Demonstration habe unter einem Motto gestanden. Er sei hingegangen, wenn das Motto mit seiner Meinung übereingestimmt habe. Es sei ihm darum gegangen, Zeichen zu setzen.
Wie er sich denn mit den Themen beschäftigt habe, will Wolf wissen.

Vor zwei Wochen sei er z.B. auf einer Demonstration gegen Polizeigewalt gewesen. Wenn auf schlafende Kameraden und Hunde geschossen würde, wäre das ein Thema für ihn. Oder wenn man wie er, von einem verdeckten Ermittler zu Straftaten angestiftet worden wäre, dann ginge man auf solche Demos, zum Thema Polizeigewalt. „Da kann ich mich mit identifizieren“. Andere Kollegen, die mit ihm auf diese Demonstrationen gegangen seien, seien seiner Meinung nach nicht gewaltbereit gewesen. Eine Demonstration sei ja kein „Fightclub“, es gehe darum, seine Meinung zu demonstrieren. Außerdem hätte man ständig „unter Beschuss“ der „anderen Seite“ gestanden. Zu Verteidigungszwecken sei er persönlich natürlich bereit, Gewalt anzuwenden. In andere könne er nicht hineinschauen. Er habe selbst auch nie gedacht, jemals auf Menschen zu schießen, habe es aber trotzdem gemacht.

Der Vorsitzende weist darauf hin, dass Fotoaufnahmen während der Verhandlung verboten sind, und droht im Falle der Zuwiderhandlung mit Sanktionen. Nach dieser kurzen Unterbrechung bemerkt Wolf, dass der Zeuge ja gerade so gut „im Redefluss“ gewesen sei, zu erzählen. Er bittet ihn, dort wieder anzuknüpfen und weiterzusprechen. Und in der Tat hatte Schmiemann in den letzten Äußerungen zum Thema Gewalt den Eindruck gemacht, sich hier nicht jeden Satz aus der Nase ziehen lassen zu müssen – wie es die gesamte Vernehmung bisher eigentlich geprägt hatte.

Der Zeuge spricht weiter: Von seiner Seite habe es nie Angriffe auf andere gegeben. Er würde aber nie wieder die Hand für andere ins Feuer legen. Er könne nicht für andere sprechen, sich selbst ließe er aber nicht grundlos verprügeln.

Ob der Zeuge noch etwas zu der Waffe sagen wolle, ob er mit anderen über die Waffe geredet habe, fragt Wolf.

Das ergäbe sich aus „meinem Urteil“. Alles stünde in den Akte: Er hätte die Waffe von jemandem bekommen, der für den Staat arbeitet. Mit anderen Personen aus der Szene habe er nicht über die Herkunft der Waffe gesprochen. Das sei auch kaum gegangen, denn er habe die Waffe quasi fünf Minuten vor ihrem Einsatz bekommen. Nach der Tat sei „keine Zeit für irgendwelche Interviews“ gewesen. Er sei kurz nach der Tat in U-Haft gekommen und habe dann andere Probleme gehabt.

Der Vorsitzende Wolf eröffnet die Fragerunde der Parteien, beginnend mit der CDU. Der Abgeordnete Heiko Hendriks fragt nach Schmiemanns Briefkontakten zu Beate Zschäpe, und ob er Zschäpe schon vor der Haft gekannt habe.

Briefkontakt zu Zschäpe habe er, das sei sein gutes Recht, sagt Schmiemann, Zschäpe sei nicht verurteilt. Vor ihrer Inhaftierung habe er sie nicht gekannt.

„Bewundern Sie Frau Zschäpe“, fragt Hendriks.

Dazu wolle er nichts sagen. „Ich bewundere meine Freundin“, so Schmiemann.

Ob er den Briefkontakt zu Zschäpe gesucht habe, um sie näher kennenzulernen, oder weil er hätte etwas in Erfahrung bringen wollen, möchte Hendriks wissen.

Jemand, der das das durchgemacht hätte, was er durchgemacht hat, könne einschätzen, wie man sich in U-Haft fühlt und wie die Medienhetze wirke. Er sei dadurch in der Lage, jemanden psychisch aufzubauen und zu verhindern, dass die Person in Haft in Depressionen verfalle. Das sei für ihn ein „Akt der Zivilcourage“, seine „soziale Ader“. „Das was Sie predigen, mache ich. Dafür werde ich bestraft“, sagt Schmiemann in Hendriks Richtung. Er habe aber auch mit mehreren Gefangenen Briefkontakt, teilweise aus dem extrem rechten Milieu.

Ob Zschäpes in den Briefen geäußerte Klagen über die Haftbedingungen für ihn nachvollziehbar gewesen seien, fragt die CDU. Er selbst habe andere Haftbedingungen gehabt, kenne weder den bayerischen Strafvollzug noch die Haftbedingungen für inhaftierte Frauen. Der Briefwechsel sei aber auf jeder Seite kontrolliert und teilweise in der BILD-Zeitung veröffentlicht worden. Die Inhalte seien also bekannt.
2006 habe er seinen Dienst bei der Bundeswehr abgeleistet. Im April sei Mehmet Kubaşık vom NSU ermordet worden. Wann er davon erfahren habe, fragt die CDU.

Durch das anschließende Medienspektakel habe er davon erfahren. Im rechtsextremen Milieu habe er darüber nicht gesprochen, da er bei der Bundeswehr gewesen sei und an keinen Veranstaltungen teilgenommen habe. Er sei durchweg in der Kaserne gewesen, habe sich vielleicht einmal im Monat in Dortmund aufgehalten.

Auf die Frage Hendriks, wie es sich mit dem vorgeblichen Anwerbeversuch Schmiemanns durch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) verhalte, beschreibt der Zeuge, dass es diese Anwerbeversuche seitens des MAD gegeben hätte. Er sei mehrfach angesprochen worden, in der Kaserne und auf Truppenübungsplätzen. Er habe die Anwerbungsversuche aber direkt unterbunden, da er einen Arbeitgeber gehabt habe, mit dem er zufrieden gewesen sei.

Hendriks fragt nach Schmiemanns Wunsch, Zeitsoldat zu werden. Ob ihm damals bewusst gewesen, sei, dass er sich als Zeitsoldaten besonders dem Staat gegenüber verpflichte. Das sei ihm durchaus bewusst, deswegen habe er den Kontakt zur rechten Szene zwar nicht abgebrochen, sich aber „stark zurückgehalten“. Er habe sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Hendriks setzt noch einmal an, über den „angeblichen Anwerbeversuch“ durch den MAD zu sprechen. Der Zeuge unterbricht den Abgeordneten, mit dem Ausdruck „angeblich“ könne er nichts anfangen, er – Hendriks – wolle ihn wohl einer Lüge bezichtigen.
Es entwickelt sich ein Hin und Her zwischen dem Zeugen und dem CDU-Abgeordneten Hendriks. Es geht um die Frage, ob die Information, Schmiemann habe Angebote des MAD erhalten, als gesichert gelten könne, wenn sie doch einzig auf den Äußerdungen des Zeugen selbst basiere.

Schmiemann will die Befragung abbrechen, da er sich der Lüge bezichtigt sieht. Vom Vorsitzenden Wolf wird er zurechtgewiesen, dass er über einen Abbruch der Befragung nicht zu entscheiden hätte.

Die CDU stellt fest, dass die Behauptung der MAD-Anwerbung unbewiesen im Raum stünde. Ausschuss-Mitglied Hendriks wechselt das Thema. Er interessiert sich nun dafür, in welchem Verhältnis der Zeuge zur „Oidoxie Streetfighting Crew“ zu verorten ist.
Hendriks zitiert aus einer Observations-Liste, nach der Schmiemann am 9.5.2006 als Mitglied der „Oidoxie Streetfighting Crew“ aufgeführt sei. Zu diesem Vorhalt argumentiert Hendriks ergänzend, dass Schmiemann zusammen mit Seemann in Belgien gewesen sei und dort ein T-Shirt mit der Aufschrift „Terrormaschine“ getragen habe. In Kassel sei er ebenfalls gewesen mit einem T-Shirt der Band „Oidoxie“. Er sei also während seiner Bundeswehr-Zeit Mitglied der „Oidoxie Streetfighting Crew“ gewesen.

Nur weil er ein entsprechendes T-Shirt getragen habe, sei er nicht automatisch Mitglied gewesen, so Schmiemann. Es habe „bei uns“ keine Mitgliedsausweise gegeben und ein T-Shirt sei nicht automatisch ein Beleg für eine Mitgliedschaft.

Schmiemann wird die Mitgliedsliste der „Oidoxie Streetfighting Crew“ vorgehalten. Wolf erläutert, dass es sich um eine Liste „aus dem Innenministerium“ handelt. Diese Liste könne nicht „von uns“ sein, so Schmiemann. Hendriks weist Schmiemann darauf hin, dass er unter Beobachtung gestanden habe und durch Fotos eindeutig zuzuorden sei. Er habe auch sechs Wochen nach Beginn seiner Bundeswehrlaufbahn noch politische Aktivitäten entfaltet. Schmiemann antwortet, er habe diese Liste nicht unterschrieben. Das sei eine Liste von Personen, von denen der Ausschuss meine, dass sie Mitglieder seien, so Schmiemann.

Ab Dezember 2006 sei klar gewesen, dass seine Bundeswehrlaufbahn zu Ende sei, er keine weitere Laufbahn bei der BW machen können würde. Ab diesem Zeitpunkt sei er wieder auf Konzerte gegangen.

Hendriks fragt nach einem Treffen vom 16./17. Dezember 2006, das in der Nähe von Duderstadt stattgefunden habe. Auf diesem Treffen sei er mit Seemann gewesen. Dort habe er auch Angehörige der rechtsextremen Szene aus anderen Bundesländern, vor allem aus Ostdeutschland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen getroffen. Ob er sich an die Kontakte vor allem nach Thüringen erinnere?
„Das sagt mir gar nichts“, antwortet Schmiemann. Die niedersächsische Kleinstadt Duderstadt will er nicht einmal kennen.

Hendriks befragt Schmiemann nach dem Emblem auf seiner Jacke. Schmiemann: Das sei der Markenname. Der Zeuge wird aufgefordert, vorzulesen, wie der auf der Jacke sichtbar angebrachte Name laute: „Ansgar Aryan“.

Die Befragung wird von derAndreas Bialas (SPD) weitergeführt. Bialas beginnt damit, dass er zusammenfasst, dass Schmiemann an diesem Vormittag ja bereits geschildert habe, sich selbst als Opfer zu sehen. Das wolle er genauer wissen und fragt nach konkreten Momenten und Zusammenhängen, in denen der Zeuge diesen Eindruck von seiner Rolle erlebt habe.

Schmiemann: Wenn man eine Pistole an den Kopf gehalten bekomme, was zu seiner Tat geführt habe, sei man Opfer. [Anm.: der Zeuge spielt hierauf seinen Überfall auf einen Supermarkt im Februar 2007 an, bei er einen Kunden anschoss und zu dem er nach eigener Aussage durch den V-Mann Seemann Seemann angestiftet bzw. gezwungen worden sei] Des weiteren berichtet der Zeuge von einer Demonstration in Kiel, bei der sie mit brennenden Mülltonnen, nagelbestückten Kartoffeln und Steinen attackiert worden seien – von „Idioten, die keinen Hauptschulabschluss geschafft hätten“. Befragt zu seiner Demo-Teilnahme zwei Wochen vor dem Ausschuss-Termin, sagt Schmiemann, er sei nie weg gewesen aus der Szene. Er gehöre immer noch zu der „Szene,die sagt was sie denkt. Ich bin Deutscher und bleibe Deutscher“, sagt Schmiemann. Insgesamt sei er aber eher ein Mitläufer. Auf Demonstrationen gehe er, wenn sie ihm thematisch zusagten. Um alles Weitere würde er sich nicht kümmern. Er sei „kein Kämpfer, eher ein Lamm“.

Bialas wechselt zu Thema Ideologisierung. Ob Schmiemann die Turner Diaries kenne?

Die Turner-Tagebücher habe er nicht gelesen, er sei kein Intellektueller. Auch Seemann habe die nicht gelesen. Der habe es – wie er selbst – nicht so mit Büchern. Die Turner-Tagebücher kenne er also nur aus Medienberichten.

Ob es bei der angeheizten Stimmung in Dortmund nicht Forderungen gegeben hätte, es müssten jetzt auch konkrete Handlungen erfolgen, fragt die SPD.

Dazu habe er sich keinen Kopf gemacht. Auf der Demonstration vor zwei Wochen sei er von Gegendemonstranten angegriffen worden, habe aber den Angriff nicht erwidert, da er kein „Kriegstreiber“ sei. Auf die Frage nach hierarchischen Strukturen in der Szene sagt Schmiemann, er habe „keine Vorgesetzten“.

Das widerspräche aber dem von ihm behaupteten Mitläufertum, so Bialas. Ob er Combat 18 kenne, und ob in Dortmund eine Gruppe existiert habe, fragt Bialas.

Von Combat 18 habe er schon mal gehört, so Schmiemann. Schmiemanns Anwalt Schnelle schaltet sich ein und beansprucht das Aussageverweigerungsrecht für Schmiemann, da er sich durch eine Aussage selbst belasten könne. Auch zu einer Mitgliedschaft werde er sich daher nicht äußern. [Anm.: Wir interpretieren diese Aussageverweigerung als weiteres Indiz dafür, dass es eine „Combat 18“-Zelle in Dortmund gab und diese entweder konkrete Straftaten begangen hat oder aber zu dem Zweck gebildet wurde, Straftaten zu begehen, also demnach den Charakter einer kriminellen/terroristischen Vereinigung hatte. Ansonsten dürfte sich der Zeuge nicht auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen. „Combat 18“ ist in Deutschland nämlich nie verboten worden.]

Ob Seemann angeregt hätte, eine C18-Gruppe zu bilden, möchte die SPD wissen.

Seemann stamme „von den Gebrüdern Grimm ab“, so Schmiemann. Er erzähle viel, wenn der Tag lang sei. Wer ihm glaube, sei selber schuld. An die Idee der Gründung einer C18-Gruppe könne er sich aber nicht erinnern, er wisse nicht, ob Seemann hierzu Äußerungen getan habe. Hier mauert Schmiemann ein ums andere Mal.

Bialas kommt nun ebenfalls zu den Briefen zwischen Schmiemann und Beate Zschäpe, der offensichtlichen Verbindung des Zeugen mit einer Person aus dem sogenannten NSU-Kerntrio. Wie es denn zu der Briefkorrespondenz gekommen sei, will Bialas wissen. Auch, ob Seemann und Zschäpe Kontakt über diese Briefkorrespondenz hinaus hätten oder sich kennen würden.

Er habe Beate Zschäpe von sich aus angeschrieben. Er schreibe ihr seit vier Jahren, mittlerweile in größeren Abständen als zu Beginn. Ob Sebastian Seemann Beate Zschäpe kenne, könne er nicht sagen.

Wie er denn Seemann bezeichnen würde, fragt Bialas.

Seemann habe ihm so viel Schaden zugefügt, dass er darüber nicht sprechen wolle, noch nicht einmal den Namen hören wolle.
Der Vorsitzende Wolf belehrt Schmiemann, dass er dazu aussagen müsse. „Dann sage ich: toller Typ“, antwortet Schmiemann.

Ob Schmiemann Mitglied der „Oidoxie Streetfighting Crew“ gewesen sei, möchte Bialas wissen.

Erneut schaltet sich Schmiemanns Anwalt ein und besteht auf dem Aussageverweigerungsrecht. Der Ausschussvorsitzende Wolf entgegnet, dass sich Schmiemann bereits zu diesem Thema geäußert habe und jetzt nicht an anderer Stelle der Ausschussbefragung das Aussageverweigerungsrecht in Anspruch nehmen könne. Schmiemann bemerkt ausweichend, dass er die Frage nach dem T-Shirt schon beantwortet habe und die Vorwürfe zehn Jahre zurück lägen.

Bialas fragt erneut nach der Mitgliedschaft in der „Oidoxie Streetfighting Crew“. Anwalt Schnelle besteht ebenso wiederholt auf dem Aussageverweigerungsrecht, da aktuelle Strafverfolgung drohe.

Das „Oidoxie“-T-Shirt habe er als Fan der Gruppe getragen, sagt Schmiemann in der weiteren Befragung. Angesprochen auf Gruppenfotos bei Konzerten sagt Schmiemann, wenn es die Möglichkeit gegeben habe, ein Foto mit den Bandmitgliedern zu machen, habe er das als Fan wahrgenommen.

Dem Zeugen wird ein Gruppenfoto der „Oidoxie Streetfigting Crew“ vorgelegt. „Schlechte Qualität“, „sexy“, „kenne ich nicht“, murmelt Schmiemann. Sich selber erkenne er auf dem Foto, aber auch die Nummer 24 sei „interessant“. Ob das Foto bearbeitet sei, fragt der Zeuge auffallend erstaunt. Nummer 24 sei Seemann, dieser sehe aber auf dem Bild anders aus also sonst. Aber gerade da sei das Foto „extrem scheiße“. Er gehe aber davon aus, dass es sich um Seemann handele.

Unter welchen Rahmenbedingungen das Foto zustande gekommen sei, ob er das T-Shirt zufällig getragen habe, fragt Bialas.

Das sei wohl der Fan-Club, so Schmiemann, der heiße wahrscheinlich „Oidoxie“.

Der Vorsitzende Wolf fragt nach dem Entstehungsdatum des Fotos.

Er sei damals ca. 19 Jahre alt gewesen und habe eine Glatze getragen, sagt Schmiemann.

Bialas fragt erneut nach dem Namen des Fanclubs.

Er wisse das nicht, ein offizieller Fan-Club sei das nicht gewesen. „Schönes Gruppenfoto, mehr kann ich dazu nicht sagen“, ist Schmiemanns Kommentar. Auch auf „Backstreet Boys“-Konzerten würden alle T-Shirts der Band tragen, das sei nichts Besonderes. Er kenne nicht alle auf dem Foto abgebildeten Personen.

„Oidoxie Streetfighting Crew“ stehe auf dem T-Shirt, dann hieße der Fanclub wohl so, fragt der SPD-Abgeordnete.

„Kommt hin“, antwortet Schmiemann.

Wie es zu der Fotoaufstellung gekommen sei? Die Gruppierung wirke ja eher organisiert, stellt Bialas fest.

Vielleicht habe jemand alle mit einem roten T-Shirt aufgerufen, sich für das Foto aufzustellen. Er könne sich aber nicht daran erinnern, er wäre damals 19 Jahre alt gewesen, antwortet Schmiemann.

Nach einer kurzen Unterbrechung fährt die Obfrau der Piraten, Birgit Rydlewski, mit einer Zwischenfrage fort, woher Schmiemann das Oidoxie-T-Shirt habe, ob er dieses gekauft habe.

In einem Laden in Dortmund habe er das gekauft, so Schmiemann.

Die Obfrau Birgit Rydlewski belehrt Schmiemann, dass er die Wahrheit sagen müsse und sich andernfalls strafbar mache.
Diese Version des T-Shirts habe jeder kaufen können, die sei frei erhältlich gewesen. Die nicht öffentlich erhältliche Version mit Rückenaufdruck sei für die Band gewesen. Auf Nachfrage sagt der Zeuge, dass er ein solches T-Shirt mit Rückenaufdruck besessen habe – „geschenkt bekommen“, wie er verzögert nachschiebt.

Die Obfrau der Grünen, Verena Schäffer, fragt nach der Nummer 23 auf dem Foto.

Das sei Marko Gottschalk, so Schmiemann. Zu diesem habe er ein gutes Verhältnis.

Ob Gottschalk ein „Combat 18“-Zelle habe gründen wollen, möchte Schäffer wissen.

Schmiemanns Anwalt Schnelle interveniert erneut und beansprucht ein weiteres Mal das Aussageverweigerungsrecht.

Schäffer fragt nach der Funktion des Fan-Clubs.

„Die Band anfeuern, applaudieren“, so Schmiemann.

Ob dieser „Fan-Klub“ nicht die Funktion eines Saalschutzes gehabt habe, möchte Schäffer wissen.

„Was für ein Saalschutz?“, antwortet Schmiemann.

Schäffer verweist auf das Video des Konzertmitschnittes in Greven, „Greven 2006“. Das Video wird eingespielt.

Schäffer fordert Schmiemann auf, zu beschreiben, was er auf dem Video tut.

Schmiemann versucht, sich mehrmals damit herauszureden, dass er sich nicht erkennen könne.

Schäffer fragt, was die Mitglieder der „Oidoxie Streetfighting Crew tun, die mit dem Rücken zur Band stehen?“

„Die tanzen“, versucht Schmiemann auszuweichen.

Nur zwei tanzten, die anderen schützten als Saalschutz die Band, so Schäffer.

„Saalschutz klingt zu sehr nach SS, sagen wir lieber ‚Security‘“, so Schmiemann. Außerdem windet sich Schmiemann an dieser Stelle aggressiv aus einer Antwort heraus, mokiert, dass es keine Vorschriften gäbe, wie man zu tanzen habe.

Schäffer belehrt Schmiemann zu seiner Aussagepflicht. „Bin ich hier etwa in der Bringschuld? Wenn das so ist, dann habe ich keine Lust mehr“, sagt Schmiemann, als wolle er erneut die Befragung von seiner Seite aus für beendet erklären – in voller Verkennung der Situation.
Erneut nach den „Turner Diaries“ gefragt, gibt Schmiemann wiederholt an, diese nicht gelesen zu haben.

Schäffer befragt Schmiemann nun zu einem Tattoo am Bein, das den Schriftzug „Brüder schweigen“ trage.

Diese Worte seien hier aus dem Zusammenhang gerissen, sagt Schmiemann. Es stünde noch mehr darauf, dazu wolle er aber nichts sagen, da das Tattoo verboten sei. Anwalt Schnelle interveniert und sagt, es bestünde die Gefahr der Selbstbelastung durch §86a. Schäffer erwidert, dass „Combat 18“ in Deutschland keine verbotene Organisation sei und man daher durchaus darüber sprechen könne. Schmiemann wird ein Foto von einer erkennungsdienstlichen Behandlung vorgehalten, das das besagte Tattoo zeigt. „Brüder schweigen – Whatever it takes – C18“ heiße der Schriftzug, so Schäffer. Wie er zu diesem Tattoo gekommen sei?

Er sei zum Tätowierer gegangen, antwortet Schmiemann.

Der Slogan „Brüder schweigen“ beziehe sich auf die US-amerikanische Terrorgruppe „The Order“, so Schäffer, die sich nach den „Turner Diaries“ benannte. Das sei keine Frage, so Schmiemann, die Abgeordnete solle Fragen stellen. Schäffer formuliert ihre Frage noch einmal.

Schmiemann antwortet so pampig wie peinlich: Er habe keine Ahnung davon, „dafür bin ich zu doof“. Ob die Dortmunder Nazi-Szene sich auf die „Turner-Diaries“ berufen habe, könne er nicht sagen, da er neun Jahre „Pause“ gehabt habe. Schulungsveranstaltungen habe er nicht besucht, dazu sei er zu doof, behauptet Schmiemann erneut. Politische Bildung würde ihn nicht interessieren.

Erneut unterbricht Wolf die Sitzung und ruft die Obleute zu sich.

Die Monika Düker von der Grünen-Fraktion setzt die Befragung fort. Gefragt wird nach dem Moment, in dem es zum Bruch zwischen Schmiemann und Seemann gekommen sei.

Mit Seemann sei er befreundet gewesen, jetzt aber nicht mehr, da dieser ihn verraten habe.

Der Verrat sei im Strafverfahren gewesen. Was vorher gewesen sei, will Düker wissen. Seemann sei aktives Mitglied der Dortmunder Szene gewesen und solle Waffenhandel betrieben haben.

Dazu solle sie die Person selber befragen, er könne dazu nichts sagen, antwortet Schmiemann.

Düker verweist auf einen Brief aus dem Jahr 2008, den der Zeuge geschrieben habe. Düker in der indirekten Rede vor: Wer Seemann kenne, wüsste, dass er absolut skrupellos sei.

Daran könne er sich nicht erinnern, so Schmiemann.

Düker machte einen mündlichen Vorhalt aus dem Brief und liest weiter vor. Er [Schmiemann] sei dabei gewesen, als Seemann den Freund seiner Ex-Frau „zu Hack verarbeitet“ hätte. Ob Schmiemann das bekannt sei.

Er könne sich an den Vorgang erinnern, und sei teilweise auch Zeuge gewesen. Zu Seemann und Waffenhandel wolle er sich aber nicht äußern. Erneut interveniert auch Schmiemanns Anwalt Schnelle.

Das Fragerecht geht an die FDP-Fraktion. Der Obmann Joachim Stamp fragt, ob es während seiner Bundeswehrzeit dort weitere rechtsextreme Kameraden gegeben habe, die seine politische Haltung geteilt hätten.

Es sei dort schwierig gewesen, entsprechende Gespräche zu führen, wegen der zu befürchtenden Konsequenzen, so Schmiemann. Das wäre ein Tabu-Thema gewesen. Über die MAD-Anwerbeversuche habe er mit seinen Vorgesetzten gesprochen. Die Sache habe sich wie ein Lauffeuer rumgesprochen. Er könne sich nicht erinnern, ob es auch Anwerbeversuche bei anderen Personen gegeben habe. Zu Anwerbeversuchen in der Szene habe er keine Kenntnisse. Auf Rückfrage Stamps zählt der Zeuge auf, dass er bei der Bundeswehr an verschiedenen Waffen ausgebildet worden sei:„Panzerfaust Handgranaten, MG3, P8 … alles, was da so … alle Waffen.“

Die Piraten-Fraktion setzt die Befragung fort. Birgit Rydlewski stellt sehr konkrete Fragen zum Antikriegstag in Dortmund, zum Kauf der „Streetfighting Crew“.

Ob er 2005 auf dem Antikriegstag in Dortmund gewesen sei, wisse er nicht mehr. Der Laden, in dem er das „Oidoxie“-T-Shirt erworben habe, hätte „Buy or Die“ geheißen und wäre ein „ganz legaler“ Laden gewesen. Den Namen des Betreibers wisse er nicht. Die Namen Stanley R. [Anm.: aus Kassel] und Benjamin Gärtner [Anm.: aus Kassel, von Andreas Temme geführter V-Mann des hessischen LfV], die die Piraten-Obfrau ihm vorhielt, kenne er nicht.

Die Piraten machen einen Vorhalt. Ein Photo-Ausdruck wird dem Zeugen gezeigt. Darauf ist Benjamin Gärtner zu sehen, der im Kreis von Dortmunder Neonazis steht, u.a. mit Siegfried Borchardt. Rydlewski fragt, ob der Zeuge den dort gezeigten Gärtner kenne. Der Zeuge verneint.

In der zweiten Fragerunde möchte die CDU (Hendriks) wissen, ob Schmiemann Siegfried Borchardt persönlich kennt.
Den habe er schon vor seiner Inhaftierung von Demonstrationen gekannt, so Schmiemann. Während seiner Inhaftierung habe es Briefwechsel gegeben, Borchardt habe ihn aber nicht besucht. Auf der Demonstration zwei Wochen vor dem Ausschuss-Termin in Dortmund habe er ihn gesehen, das sei der erste Kontakt nach seiner Freilassung gewesen.

Die Obfrau der Piraten, Birgit Rydlewski, befragt Schmimann zu seinem Verhältnis zu Marko Gottschalk.

Freunde seien sie, so Schmiemann. Gottschalk sei ihm ein „Bruder im nationalen Sinne“.

Der Frage, ob ihm ein Raum in der Nähe des Dortmunder Hafens bekannt sei, über den Gottschalk Verfügungsgewalt habe, weicht Schmiemann mehrfach aus. Mit der Frage könne er nichts anfangen, der Hafen sei groß, was das denn heißen solle. Dort gäbe es viele Räume und er könne sich an nichts erinnern. Der Name Michael Berger sei ihm nur aus Medien bekannt.

Der Vorsitzende Wolf fragt, ob Toni Stadler ihm bekannt sei.

Der Name sage ihm nichts, sagt Schmiemann. Er sei in neun Jahren Haft mit ca. neunhundert Leuten zusammen gekommen und habe so viele Namen vergessen. Da müsse man ihm schon ein Foto vorlegen.

Der Vorsitzende Wolf beendet den öffentlichen Teil der Sitzung.

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