Medienberichte zum Keupstraßen-Anschlag im NSU-Prozess

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Seit dem 20. Januar sagen Betroffene des Nagelbombenanschlages auf die Kölner Keupstraße im Münchner NSU-Prozess aus. Zu einer solidarischen Prozessbegleitung und einem Aktionstag haben die Initiative „Keupstraße ist überall“ und das bundesweite Aktionsbündnis „NSU-Komplex auflösen!“ aufgerufen. Über den Nagelbombenanschlag, die eindrücklichen Aussagen der Betroffenen sowie die Aktivitäten rund um den Aktionstag berichteten zahlreiche Medien. Eine kleine Auswahl an Berichten (aus der Kalenderwoche 4) haben wir hier zusammengestellt:

WDR: „Als hätte mir jemand die Beine weggeschossen“

Im Münchner NSU-Prozess haben am Dienstag (20.01.2015) die ersten Opfer des Kölner Nagelbombenanschlags ausgesagt – und in eindringlichen Worten von ihren körperlichen und seelischen Leiden berichtet. Zugleich erhoben sie Vorwürfe gegen die Kölner Polizei.
WDR: „Das Leiden der Opfer wird sichtbar“
Interview mit der Redakteurin Ayca Tolun:
Durch solche Zeugenaussagen wie heute bekommt der NSU-Prozess seine Wahrhaftigkeit, Relevanz und Vehemenz. Denn üblicherweise plätschert der Prozess mehr oder weniger vor sich hin. Es passiert sehr viel juristisch Abstraktes. Bei solchen Zeugenaussagen wird hingegen erst verständlich, worüber wir seit 175 Verhandlungstagen in anderthalb Jahren eigentlich reden.
KSTA: Kölner unterstützen Nagelbomben-Opfer im NSU-Prozess
Am späten Montagabend haben sich etwa 150 Kölner in Reisebussen auf den Weg nach München gemacht. Dort sagen am Dienstag Zeugen aus Köln im NSU-Prozess zum Nagelbomben-Anschlag in Mülheim aus. „Keupstraße ist überall“ unterstützt die Opfer.
WAZ: Tatort Keupstraße: Protokoll der Zeugenvernehmung
Die WAZ hat Auszüge von Aussagen der Betroffenen veröffentlicht:
Fatih K., 29 Jahre
Ich war mit meiner Mutter in der Keupstraße. Sie wollte einkaufen. Ich bin währrenddessen zum Friseur gegangen, meine Haare schneiden. Dann habe ich mich dort auf die Couch gesetzt, mit dem Rücken zur Straße. Gefühlt 40 Minuten habe ich gewartet. Dann hat es laut geknallt. Es wurde stockdunkel, die Leute sind alle rausgelaufen, aus dem Fenster raus. Ich bin mitgelaufen.Es war, als wäre ein Krieg ausgebrochen. Sanitäter wollten mich behandeln. Aber ich habe das nicht zugelassen, weil ich mir Sorgen machte um meine Mutter. Dann sah ich sie, sie stand auf der Straße, suchte mich auch. Später ließ ich mich von den Sanitätern behandeln. Wir saßen in einem Bus, mit den anderen Geschädigten, fuhren zum Krankenhaus. Der Arzt sah sich meine Ohren an. Ich hatte Verletzungen am Hinterkopf, mehrere Brandlöcher in der Kleidung. Drei Tage lang hörte ich alles nur dumpf, danach kam das Gehör wieder. Aber das Innenohr ist verletzt, entzündet sich seitdem immer wieder.
(…)
Eine Woche später wurde ich von der Polizei vernommen. Mir wurden Fingerabdrücke und DNA auf einem Wattestäbchen abgenommen. Mir wurden Fragen gestellt, ob ich was von Rotlicht-Milieu wisse, von PKK, von anderen kriminellen Dinge, ob ich Kontakt dazu hätte.
WDR2: „Zusammen sein und helfen“
Interview mit Mitat Özdemir von der Initiative „Keupstraße ist überall“:
Diese Menschen soll man nicht alleine lassen, weil wir wussten, sie werden sich in München wieder in ähnlicher Weise allein und hilflos fühlen und großen Druck spüren – und das möchten wir etwas erleichtern. Deswegen sind wir zusammen gekommen und haben diese Initiative gegründet.
taz: „Alles kaputt, alles zerstört“
Der 176. Verhandlungstag im NSU-Prozess begann wie andere so oft: Schnellen Schrittes betrat die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe den Saal A 101 des Münchner Oberlandesgerichts, drehte sich von den Kameras weg. Doch eines war an diesem Tag anders: Viele Betroffene des Bombenschlages in der Keupstraße schauten von der Empore auf sie hinunter. Neun Opfer des Anschlags in Köln sollten vor Gericht aussagen. Angehörige und Freunde begleiteten sie.
Der Tagesspiegel: „Wie in Trance“
Am Mittwoch haben im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München weitere Zeugen ausgesagt, die am 9. Juni 2004 in der Kölner Keupstraße waren, als die von den Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt deponierte Nagelbombe vor einem türkischen Friseursalon explodierte. Selbst wenn die äußeren Verletzungen der Opfer weniger schwer erscheinen, sind die seelischen Folgen oft gravierend.
Rheinische Post: Kölner Opfer erheben Vorwürfe gegen Polizei
Melih K. bestätigte zudem, dass er schon damals bei einer Befragung den Verdacht geäußert habe, dass die Tat einen rassistischen Hintergrund gehabt haben und ein „Ausländerhasser“ am Werk gewesen sein könnte. „Da braucht man kein Ermittler sein.“
Deutsche Welle: „Aktionstag Keupstraße“ für die NSU-Opfer
Hunderte Teilnehmer eines Aktionsbündnisses sind für diesen Tag nach München gereist, um die Betroffenen des Keupstraßen-Anschlags in den schweren Tagen ihrer Zeugenaussagen zu unterstützen. Sie kamen frühmorgens aus Köln, aber auch aus den Städten der NSU-Morde: aus Kassel, Nürnberg, München. Auch in anderen Orten gab es Kundgebungen und Solidaritätsaktionen.
Thüringer Allgemeine: NSU-Prozess: „Ich habe dem Täter in die Augen geblickt“
Deutlich kritisiert der Zeuge wie die Polizei damals mit ihm umging. Die Vernehmungen seien durchgeführt worden „als hätten wir selber die Bombe gelegt“, sagt er. Die Polizei habe versucht, die Familienmitglieder gegeneinander auszuspielen.
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