Bei einem bis heute unaufgeklärten Sprengstoffanschlag auf der Fußgängerbrücke des Düsseldorfer S-Bahnhofs Wehrhahn wurden am 27. Juli 2000 zehn Menschen zum Teil schwer verletzt. [1]. Die Ermittlungen rund um diesen „Wehrhahn-Anschlag“ sind explizit Teil des
Untersuchungsauftrags des im Herbst 2014 durch den NRW-Landtag eingerichteten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zum Themenkomplex NSU [2]. Während alle anderen im Untersuchungsauftrag formulierten Fälle zwischenzeitlich mehr oder weniger abgearbeitetbworden sind, hat bisher keine einzige öffentliche PUA-Sitzung zum Thema Wehrhahn-Anschlag stattgefunden. Auch gibt es keinerlei Verlautbarungen darüber, wann bzw. ob dieses noch geschehen soll, obwohl ein Ende der ZeugInnenvernehmungen noch im Herbst 2016 absehbar ist.
Die unabhängige, ausschließlich spendenfinanzierte Initiative „NSU-Watch NRW“ [3], die von Beginn an die Arbeit des PUA dokumentiert und kritisch begleitet hat, sieht die große Gefahr, dass das Thema Wehrhahn hinten über fällt, also nicht mehr im erforderlichen Umfang behandelt wird. Anlässlich der nach der Sommerpause am 9. September anstehenden Wiederaufnahme der Arbeit des PUA weist „NSU-Watch NRW“ hiermit auf diesen Umstand an.
Maria Breczinski, Sprecherin von „NSU-Watch NRW“: „Wir fordern den PUA dazu auf, sich öffentlich zum Stand seiner Arbeit und Planungen im Zusammenhang mit dem Wehrhahn-Anschlag zu äußern und alles Mögliche dafür zu tun, dass dieses Thema noch im laufenden Jahr in angemessenem Umfang und in öffentlicher Sitzung behandelt wird. Ein weiteres Aufschieben würde aufgrund der knappen Zeit einer Nichtthematisierung gleich kommen und wäre völlig inakzeptabel.“
Die Arbeit des PUA – inklusive der Erstellung und Vorstellung des aufwändigen Abschlussberichts – endet spätestens zum Ende der aktuellen Legislaturperiode des Landtags. Neuwahlen sind für den 14. Mai 2017 terminiert. Bislang gibt es auch keinerlei Hinweise oder Äußerungen von Seiten der Landtagsfraktionen, dass nach dieser Wahl ein neuer PUA die möglicherweise nicht vollendete Arbeit fortsetzen soll.
Grund für das Aufschieben des Themas könnte sein, dass die Staatsanwaltschaft Düsseldorf die bereits vor langer Zeit eingestellten Ermittlungen zum Wehrhahn-Anschlag spätestens im Sommer 2015 wieder aufgenommen hat. [4] Daraus dürfte sich eine Einstufung der Ermittlungsakten als „vertrauliche Verschlusssache“ ergeben haben.
Breczinski: „Was auch immer zu der Wiederaufnahme geführt hat: Inzwischen wurde länger als ein Jahr neu ‚ermittelt‘, so dass in Zweifel zu ziehen ist, dass hierbei relevante Ergebnisse erzielt wurden bzw. noch erzielt werden können. Die vorgenommene Einstufung erschwert die Aufklärungsarbeit und verhindert eine öffentliche Thematisierung. Es bleibt der Verdacht, dass behördlicherseits kein Interesse an einer
eingehenden Beschäftigung mit dem Thema besteht – zumindest nicht in öffentlichen Sitzungen.“
[1] http://nrw.nsu-watch.info/der-duesseldorfer-wehrhahn-anschlag/
[2] https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?typ=P&Id=MMD16/7148&quelle=alle&wm=1&action=anzeigen
[3] http://nrw.nsu-watch.info/ueber-uns/ und
http://nrw.nsu-watch.info/nsu-untersuchungsausschuss-in-nrw-die-chance-auf-aufklaerung-nutzen/