„Bundesamt für Verfassungsschutz“ verweigert Aussagegenehmigung für geladene Führungskraft

0

TOP 1 der heutigen Sitzung ist die Vernehmung der Zeugin Frau Dinchen Franziska Büddefeld. Sie übernahm nach dem Auffliegen der NSU-Terrorzelle im Januar 2012 im Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) die Leitung der Abteilung „Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus“. Heute sollte sie vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags NRW zum Tod des V-Mannes Thomas Richer alias „Corelli“ befragt werden. Dazu kam es nicht.

Der V-Mann „Corelli“ wurde am 7.4.2014 tot in seiner Paderborner Wohnung aufgefunden. Er befand sich in einem Schutzprogramm des BfV. Frau Büddefeld nahm in ihrer Funktion als Abteilungsleiter am 9.4.2014 an einer Besprechung mit der Polizei Bielefeld und der Staatsanwaltschaft Paderborn statt, bei der u.a. die Bestattung von Richter unter Tarnpersonalien besprochen wurde.

Um 10:00 Uhr allerdings ist der Stuhl der Zeugin im Saal der Landtagsfraktion der CDU leer. Der Vorsitzende Sven Wolf leitet mit den üblichen Worten die Sitzung ein. Dann wird sein Ton etwas schärfer. Er moniert, dass die Zeugin Frau Dinchen Franziska Büddefeld nicht erschienen ist. Das BfV habe dem PUA lediglich mitgeteilt, dass eine Aussagegenehmigung nur dann erteilt werden, wenn die Zeugin verdeckt zugeführt und ausschließlich in einer nicht-öffentlichen Sitzung vernommen werde. Dies sei mit dem Identitätsschutz der Zeugin begründet worden.

Sven Wolf dazu: „Wir sind alle leidenschaftliche Parlamentarier.“ Die Grundlage stammten von den Ideengebern der Weimarer Republik. Im Grundgesetz sei nicht umsonst das Kontrollrecht des Parlamentes verankert und in diesem Zusammenhang sei der Grundsatz der Öffentlichkeit ein äußerst wichtiges Element. „Auch gerade hier im Untersuchungsausschuss legen wir besonderen Wert auf die öffentliche Vernehmung.“ Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn z.B. eine Bedrohung vorliege, würden sich die Ausschussmitglieder auf eine nicht-öffentliche Vernehmung verständigen. „Bei der Zeugin handelt es aber sich aber um eine Abteilungsleiterin des Verfassungschutzes“, so Wolf. Im Internet fänden sich zahlreiche Fotos von Auftritten der Zeugin in der Öffentlichkeit, die sie z.B. bei Ausstellungseröffnungen zeige.  „Hier aber, vor dem Parlamentarischen U-Ausschuss, will sie nicht öffentlich auftreten,“ so Wolf, der spürbar angefressen ist.

Nach einer kurzen Beratung unter Ausschluss der Öffentlichkeit teilt der Vorsitzende dann den Beschluss des PUA: „Wir werden auf diesen Nötigungsversuch des BfV nicht eingehen.“ Das BfV fordere vom PUA eine Befragung der Zeugin in nicht-öffentlicher Sitzung, ansonsten würde der Zeugin keine Aussagegenehmigung erteilen werden. „Diese Forderung haben wir hier diskutiert. Wir sind zu dem Beschluss gekommen, dass wir die Zeugin öffentlich vernehmen werden oder gar nicht“, so Wolf.

Wolf kündigt an, die Zeugin direkt über diesen Beschluss zu informieren. Sollte sie sich nicht doch noch entscheiden, zu kommen, müsse das BfV mit den politischen Konsequenzen leben. Wolf weiter: „Wenn ich das noch sagen darf als persönliches Statement: das ist der absolute Höhepunkt an Bodenlosigkeit des BfV, den ich hier in diesem Untersuchungsausschuss erlebt habe, was die Zusammenarbeit mit dem BfV betrifft!“

Nach einer kurzen Unterbrechung teilt der Vorsitzende, nach einem Telefonat mit der Zeugin, die Entscheidung des Ausschusses mit: Nach Aussage des BfV werde die Zeugin nicht aussagen. Das BfV bestehe auf ihre Bedingung einer nicht öffentlichen Zuführung der Zeugin sowie einer nicht öffentliche Vernehmung. Daraufhin habe er der Zeugin nur noch „ein schönes Wochenende gewünscht. Wolf zum Ende der Sitzung: „Das einzige, was ich von Frau Rieband [Anm.: Ständige Stellvertreterin der Vizepräsidenten des BfV] erhalten habe, war ein Kaffee.“

Damit endet der erste Teil der heutigen Sitzung.

Kommentar von „NSU Watch NRW“:

Die Verweigerung des BfV, eine Aussagegenehmigung für die Abteilungsleiterin Büddefeld zu erteilen, die als Führungskraft das Bundesamt auch in der Öffentlichkeit vertritt, ist ein Affront gegenüber dem PUA. Der geforderte Identitätsschutz für eine leitende Mitarbeiterin, die ansonsten öffentlich auftritt, ist nicht nachzuvollziehen. Die Forderung des BfV liegt nicht im Schutz einer Mitarbeiterin begründet. Vermutlich soll vielmerh das Agieren des Bundesamtes im Zusammenhang mit dem Tod des V-Manns „Corelli“ nicht vor der Öffentlichkeit diskutiert werden soll. Mit seinem Verhalten machte das BfV heute deutlich, dass es die parlamentarische Aufklärung missachtet. In den vergangenen Monaten hatte das BfV bereits jedwede Aussagegenehmigung für den V-Mann-Führer von „Corelli“ sowie die Übersendung von Akten verweigert. Der Ausschuss hat heute gezeigt, dass er sich vom Bundesamt nicht erpressen lässt.

Share.

About Author

Comments are closed.